Energienetze und Modellreduktion (EMO)

Energienetze

Der Übergang zu regenerativ erzeugtem Strom und Gas hat massive Auswirkung auf die Betriebsführung von Strom-, Gas- und Wärmenetzen. Eine stark schwankende Einspeisung in mittlere und untere Netzebenen erfordert zunehmend kommunikative, modellbasierte Konzepte für eine optimale Regelung unter Unsicherheiten.

So dienen Fernwärmenetze im Wesentlichen der Versorgung mit Wärme und Warmwasser. Die Betreiber von Fernheizkraftwerken (FHKW) erwirtschaften einen Gutteil ihres Erlöses aber auch durch den Verkauf von Strom, der durch Kraft-Wärme-Kopplung parallel zur Wärmeerzeugung anfällt. Die Einbeziehung und dynamische Regelung des Fernwärmenetzes als großen Energiespeicher kann dabei helfen, der Volatilität am Strommarkt besser zu folgen und damit die Gewinne des Unternehmens zu steigern.

Die Optimierung der Betriebsabläufe des FHKWs setzt aber voraus, dass alle seine Komponenten so genau wie möglich mathematisch abgebildet werden. Für das Fernwärmenetz bedeutet dies, dass man nicht nur statische Zustände, sondern seine gesamte zeitliche Dynamik berücksichtigen muss. Nur so kann das Netz als eine Komponente des FHKWs optimal betrieben werden.

Unabhängig von der Energieart (Strom, Erdgas, Fernwärme) gibt es mathematische Probleme bei der Modellierung, Simulation, Optimierung bzw. Steuerung, die immer wiederkehren.

Unsere Kompetenzen im Bereich Energienetze umfassen das gesamte Spektrum:

  • mathematische Modellierung
  • Algorithmenentwicklung
  • Optimierung und Steuerung bzw. Regelung
  • Softwareimplementierung

Aufgrund der Größe und Komplexität der mathematischen Modelle müssen Verfahren der Modellreduktion entwickelt und angewendet werden, um die Simulation zu beschleunigen und so überhaupt eine modellbasierte Regelung zu ermöglichen. Diese Modellreduktion muss so ausgelegt sein, dass die wesentlichen Prozesse nicht unterdrückt werden.

Modellreduktion

Dank hochentwickelter Software und starker Rechnerleistung lassen sich heute technische Produkte und Prozesse sehr detailliert simulieren. In der Regel genügt dies dem Entwickler jedoch nicht: Er möchte Varianten erproben, schnell bewerten und schließlich optimieren oder das Wechselspiel z.B. zwischen Struktur und Strömung verstehen.

Die Schlüsseltechnologie hierfür lautet parametrische Modellreduktion: Hierbei werden die Ausgangsobjekte, z.B. große Finite-Elemente-Modelle eines schwingenden Körpers oder nichtlineare differential-algebraische Gleichungen zur Beschreibung eines Energietransportnetzes, in parametrische reduzierte Zustandsraummodelle überführt. Diese können dann erheblich schneller ausgewertet werden als die Ursprungsmodelle und wegen der einheitlichen Struktur lassen sich auch Objekte, die ursprünglich mit ganz unterschiedlichen Simulatoren modelliert wurden, miteinander koppeln.

Mit dem bei uns am Fraunhofer ITWM entwickelten parametrischen Ansatz können zwei klassische Probleme der Modellreduktion überwunden werden:

  • Für neue Designparameter muss keine neue Reduktion mehr gestartet werden. Vielmehr wird aus wenigen, einmal vorab erstellten reduzierten Modellen das für den neuen Parametersatz per Interpolation erzeugt – oft in Bruchteilen einer Sekunde.
  • Nichtlinearitäten können endlich behandelt werden, und zwar, indem Arbeitspunkte als Modellparameter dienen.

Das Konzept zur Behandlung neuer Aufträge besteht darin, je nach Anwendung neue Schnittstellen zur am Fraunhofer ITWM entwickelten universellen Modellreduktions-Toolbox (MRT) zu implementieren. Bisher liegen solche für ANSYS (Multiphysics FE-Paket) und PSAT (Simulator für elektrische Transportnetze) vor.

In den vergangenen Jahren wurden Projekte aus ganz unterschiedlichen Bereichen bearbeitet: elektrische und Erdgasnetze, aktive Lärmreduktion in Fahrzeugen, Echtzeitsimulation tieffrequenter Raumschallfelder, Optimierung eines Subwoofers, sowie Industrieprojekte im Bereich thermische Verformung.

Beispielprojekte Energienetze

 

Projekt »ENERDIG«

Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sollen den Energieverbrauch in Produktion und Gebäuden reduzieren, ihn an die fluktuierende Erzeugung anpassen und Energieumwandlungsprozesse effizienter steuern.

 

Ammoniak als »grünen Wasserstoffspeicher«

Im Projekt »AMMONPAKTOR« erforschen wir gemeinsam mit dem Fraunhofer IMM die Möglichkeiten Ammoniak als »grünen Wasserstoffspeicher« einzusetzen. 

 

Digitaler Zwilling überwacht und steuert Fernwärmenetze

Im Projekt »DingFESt« entwickeln wir einen Digitalen Zwilling zur Steuerung dezentralisierter Fernwärmenetze.

 

Wasserstoffelektrolyse durch Simulation besser verstehen

Im Rahmen des Projektes »H2-D« fokussieren wir uns auf die Formauslegung von Bipolarplatten.

 

Effizienz von Fernwärmekraftwerken

Ziel des Forschungsprojekts »DYNEFF« ist es, die Effizienz der Betriebsabläufe von Fernwärme-Heizkraftwerken durch Simulationen nachhaltig zu verbessern.

 

MathEnergy

Regelkonzepte für Energienetze der Zukunft: Netzübergreifende, modellbasierte Überwachung und Regelung.

 

Gaspipeline-Netzwerke

Die nachfolgend geschilderten Arbeiten stellen Beiträge zum EU-Projekt »e_GASGRID« dar.

Beispielprojekte Modellreduktion

 

Ursachenprognose für Messabweichungen

Im Projekt »RoMI« entwickeln wir einen Algorithmus, der aus Messabweichungen Rückschlüsse auf mögliche Bauteil- oder Fügefehler zulässt.

 

Entzerrung von Basslautsprechern

Das hier vorgestellte Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit der Firma KS-Beschallungstechnik durchgeführt, einer der ersten Adressen für Profilautsprecher.

 

Simulation von Mischvorgängen für Schüttgüter

Im Projekt wurde Software zur Regelung und Simulation von Mischbetten erstellt.

 

Strahlungstransport in streuenden Medien

Die Herstellung, Bearbeitung und auch die Verwendung von Glas und keramischen Werkstoffen als feuerfeste Materialien wird wesentlich durch Strahlungstransportprozesse beeinflusst.

 

»PAMOR«

Parametrische Modellreduktion für rechnergestützte Designoptimierung. Ziel des Projekts war es, eine entsprechende Software (Model Reduction Toolbox) weiterzuentwickeln.

Medikamentenapplikation am Innenohr

Im Projekt wurde ein mathematisches Modell zur Computersimulation der Stoffverteilung in den Innenohrflüssigkeiten bei der lokalen Pharmaka-Applikation entwickelt.

3D-Rekonstruktion bei Hüftfraktur

Im Projekt mit Stryker Navigation unterstützten wir bei der Entwicklung eines Computer Assisted Surgery Systems zur minimalinvasiven Behandlung von Hüftfrakturen.