Klassifizierung privater Altersvorsorgeprodukte

Seit 2016 klassifizieren wir im Auftrag der Produktinformationsstelle Altersvorsorge gGmbH (PIA) alle Altersvorsorgeprodukte, die durch staatliche Zulagen gefördert werden. Diese benötigen nach dem Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz seit Anfang 2017 ein Produktinformationsblatt, das insbesondere eine Chancen-Risiko-Klasse (CRK) ausweist. Die Aufgabe, diese CRK festzulegen, wurde durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) der PIA auf dem Wege der Beleihung übertragen.

Für die Klassifizierung werden auf Basis eines von uns entwickelten Marktmodells für die Zins- und Aktienpreisentwicklung (PIA-Basismodell) mögliche Marktszenarien für die gesamte Laufzeit der Produkte erzeugt. Die Einteilung in eine von fünf Chancen-Risiko-Klassen erfolgt relativ zu Referenzportfolios, die die Grenzen zwischen den Klassen bestimmen. Diese werden ebenso wie die ermittelte CRK auf Basis aktueller Marktdaten jährlich überprüft.

Die Simulation berücksichtigt neben der gewählten Vertragsform (klassische Lebensversicherung, Fondssparplan) die Anlageentscheidungen des Managements sowie die einbehaltenen Kosten. Nach dem Gesetz werden diese Szenarien für Musterkundinnen und -kunden mit einem Zeithorizont von 12, 20, 30 und 40 Jahren erzeugt, die monatlich oder einmalig zu Vertragsbeginn einzahlen.

PIA-Basismodell als Branchenstandard

Insgesamt haben wir bereits mehr als 1600 Klassifizierungen durchgeführt. Einzelne Aspekte des Klassifizierungsverfahrens entwickeln wir stetig weiter, wie beispielsweise die jährliche Kalibrierung des Marktmodells oder die mathematische Abbildung verschiedener Anlagegüter. Außerdem haben wir in unserem Buch »Praxishandbuch Lebensversicherungsmathematik: Simulation und Klassifikation von Produkten« (VVW GmbH, 2019) die theoretischen Grundlagen und darüberhinausgehende Forschungsarbeit rund um das Thema dargestellt.

Das PIA-Basismodell hat sich in den letzten Jahren als Branchenstandard in Deutschland etabliert. Auf europäischer Ebene wird im Rahmen der PRIIPs-Verordnung ein in der Branche anerkanntes Marktmodell benötigt. Die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. (DAV) empfiehlt die Nutzung des PIA-Basismodells für Deutschland, andere Länder (z.B. Österreich) haben diesen Vorschlag in angepasster Form übernommen. Auch im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge kann, ähnlich zum PIA-Basismodell, ein Black-Scholes-Modell mit stochastischen Zinsen zum Tarifvergleich verwendet werden.

Übersicht der Chancen-Risiko-Klassen-Einteilung
© Fraunhofer ITWM
Eine Übersicht der Chancen-Risiko-Klassen-Einteilung verschiedener privater Altersvorsorgeprodukte.
Die Wertentwicklung eines privaten Altersvorsorgeproduktes simuliert über die Zeit auf verschiedenen Pfaden.
© Fraunhofer ITWM
Die Wertentwicklung eines privaten Altersvorsorgeproduktes simuliert über die Zeit auf verschiedenen Pfaden.