Interview mit Tania Jacob, Mitarbeiterin in der Abteilung »Finanzmathematik«

»Ich habe gemerkt, dass mich Machine Learning und Data Science mehr interessieren!«

Interview / 28. September 2023

Jedes Jahr verleiht die Sparkassen Stiftung Kaiserslautern mehreren jungen Wissenschaftler:innen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Preise für herausragende Leistungen. 2023 ging einer dieser begehrten Preise an Tania Jacob aus der Abteilung »Finanzmathematik« für ihre Masterarbeit über frühzeitige Anomalienerkennung in Fertigungsprozessen von Bauteilen. Das Besondere daran: Die 41-Jährige entschied sich nach einigen Jahren als Softwareentwicklerin in Australien für eine berufliche Neuorientierung samt neuem Masterstudiengang. 2020 kam sie dafür an das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM und studierte nebenbei an der RPTU. Wir haben sie getroffen und mit ihr über ihre Masterarbeit und den Sparkassen-Preis, ihre Umschulung sowie ihre Arbeit am Fraunhofer ITWM gesprochen:

Wir dürfen gratulieren! Du hast mit Deiner Masterarbeit den diesjährigen Preis der Sparkassenstiftung gewonnen, wie fühlt es sich an?

Ich habe mich sehr gefreut den Preis zu erhalten, vor allem, nachdem ich so viel Mühe in meine Masterarbeit gesteckt habe. Außerdem finde ich es toll, dass auch die Arbeit meine Betreuer, Prof. Dr. Marius Kloft, und zwei seiner Doktoranden, Phillip Liznerski und Saurahb Varshneya, damit anerkannt wird. Wir haben gut zusammengearbeitet und haben viele interessante Diskussionen geführt, deshalb finde ich, dass dieser Preis auch eine Anerkennung der hohen Standards ihrer Arbeit ist.

Wie genau läuft eine solche Preisverleihung ab? Reicht man seine Arbeit selbst ein oder wird man vorgeschlagen?

Man wird normalerweise von jemandem aus seinem Fachbereich vorgeschlagen – In meinem Fall war das der Geschäftsführer des Informatikfachbereichs, Dr. habil. Bernd Schürmann. Als ich die E-Mail meines Betreuers über die Nominierung erhalten habe, war ich gerade auf einer sechsmonatigen Reise in Australien. Ich war zwar überrascht, hab mich aber sehr darüber gefreut.

In Deiner Arbeit geht es darum, Anomalien und Auffälligkeiten in sogenannten Zeitserien möglichst früh zu erkennen. Was genau sind denn eigentlich diese Zeitserien und was bedeutet »Anomalie« in diesem Zusammenhang?

Für meine Arbeit habe ich ein Modell zur Erkennung von Anomalien in Zeitseriendaten entwickelt. Zeitserien sind Daten, die sich im Laufe der Zeit verändern. Hier am Fraunhofer ITWM arbeiten wir häufig mit Finanzzeitreihen, also beispielsweise die Werte von Aktien an der Börse, die über Monate oder Jahre beobachtet werden. In meiner Masterarbeit habe ich mit Zeitserien in der Fertigung oder im industriellen 3D-Druck von Bauteilen geforscht. Während so ein Element gedruckt wird, zeichnet eine Kamera den kompletten Prozess auf und sendet sie an mein Modell, dass dann diese Bilder zu einer Zeitreihe verarbeitet. Die Idee ist, dass sobald eine Anomalie in einer Sequenz erkannt wird, die Maschine automatisch angehalten wird, um die weitere Herstellung des Bauteils zu verhindern. Das soll vor allem Zeit und teure Materialen sparen.

Interview mit Tania Jacob — © Fraunhofer ITWM
Tania Jacob im Interview

Könnten Deine Ergebnisse auch in anderen Wirtschaftssektoren eingesetzt werden, beispielsweise in Kraftwerken? Was für Vorteile gäbe es?

Obwohl ich mich in meiner Arbeit auf die Fertigung von Bauteilen konzentriere, gibt es viele weitere potenzielle Anwendungsmöglichkeiten. Meine Methode arbeitet mit hochdimensionalen Daten, also Bild- oder Videodaten. In Frage kommt daher jeder Prozess, der von Kameras beobachtet wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass mein Modell auch in datenfundierten Abläufen von Kraftwerken angewandt werden könnte. Durch eine frühzeitige Erkennung von Anomalien in datenfundierten Abläufen könnten möglicherweise Unfälle ganz verhindert oder zumindest die Schwere des Unfalls reduziert werden.

Du hast davon gesprochen, dass hier am Fraunhofer ITWM an Finanzzeitreihen geforscht wird, könnte man auch dabei Deine Ergebnisse einsetzen?

Ja, im Finanzsektor könnten wir möglicherweise ähnliche Methoden anwenden. Allerdings bedarf es da auf jeden Fall noch weiterer Forschung, denn Finanzzeitserien sind normalerweise nicht hochdimensional, es sind also keine Bild- oder Videodaten. Daher müsste man mein Modell an eine neue Art von Daten anpassen, bevor es erfolgreich eingesetzt werden kann. Dann wären wir auch im Finanzsektor in der Lage frühzeitig Anomalien zu entdecken, also beispielsweise Kursänderungen auf dem Aktienmarkt.

Wie hast Du eigentlich an unser Institut gefunden, seit wann bist Du beim Fraunhofer ITWM?

Ich bin 2020 an das Fraunhofer ITWM gekommen. Ich hatte vorher einige Jahre als Softwareentwicklerin gearbeitet, habe dann aber gemerkt, dass ich mich eher für Machine Learning und Data Science interessiere. Deshalb habe ich mich entschieden, mich beruflich noch einmal völlig neu zu orientieren. Da ich es liebe meine eigenen Ideen zu verfolgen, Experimente durchzuführen und neue Möglichkeiten zu entdecken, wollte ich gerne in die Forschung. Ich habe dann einfach nach Unternehmen gesucht, die mir diese Möglichkeiten bieten können und da hat das Fraunhofer ITWM natürlich gut gepasst.

Hast Du dann Vollzeit bei uns gearbeitet, während Du studiert hast?

Ich habe in Vollzeit angefangen hier zu arbeiten, bin während meines Masterstudiums aber in Teilzeit gewechselt. Das Fraunhofer ITWM hat mich bei diesem Schritt voll unterstützt und war super flexibel.

Und wie geht es für Dich weiter bei uns? Strebst Du eine Promotion an?

Aktuell bin ich froh, dass ich meinen Masterabschluss habe und denke derzeit nicht an eine Promotion. Durch meine recht späte berufliche Neuorientierung bin ich mir nicht sicher, wie sinnvoll eine Promotion jetzt wäre; für die Zukunft schließe ich es aber auf keinen Fall aus.

Symbolbild Federated Learning Framework FACT — © freepik
Beim föderierten Lernen geht es darum, ein KI-Modell anhand lokal generierter Daten zu trainieren. Dies kann die Genauigkeit verbessern, gleichzeitig aber auch den Datenschutz gewährleisten.

An welchen Projekten arbeitest Du aktuell?

Im Moment arbeite ich an zwei verschiedenen Projekten: Das erste ist ein Industrieprojekt für ein Unternehmen, für das wir am Fraunhofer ITWM schon lange tätig sind, ein Premium-Automobilehersteller. Dabei geht es um die Anomalienerkennung in After-Sales-Daten und die Analyse von Schadens- oder Fehlerprotokollen von Fahrzeugen. Außerdem bin ich noch an einem Forschungsprojekt im Bereich Federated Learning beteiligt, einer neuartigen Methode des Maschinellen Lernens, dass das Trainieren von Modellen auf dezentralen Geräten ermöglicht, während die Daten lokal bleiben. Dadurch kann das Modell aus den Daten lernen, ohne dass sie ihren ursprünglichen Speicherort verlassen. Ich bereite dazu auch einen Workshop vor, der dazu beitragen soll, die Data-Science-Community zu schulen und gleichzeitig neue Kooperationspartner oder Kundinnen und Kunden in diesem Bereich zu gewinnen.

Das klingt nach viel Arbeit! Was machst Du in der Deiner Freizeit, um mal abzuschalten?

Ich gehe sehr gerne im Wald wandern, deshalb gefällt es mir hier in der Pfalz auch so gut!

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Du hast davon gesprochen, dass hier am Fraunhofer ITWM an Finanzzeitreihen geforscht wird, könnte man auch dabei Deine Ergebnisse einsetzen?

Wie hast Du eigentlich an unser Institut gefunden, seit wann bist Du beim Fraunhofer ITWM?

Hast Du dann Vollzeit bei uns gearbeitet, während Du studiert hast?

Und wie geht es für Dich weiter bei uns? Strebst Du eine Promotion an?

An welchen Projekten arbeitest Du aktuell?

Das klingt nach viel Arbeit! Was machst Du in der Deiner Freizeit, um mal abzuschalten?

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Mona Steinmeier