Wasserstoffelektrolyse durch Simulation besser verstehen

Formauslegung von Bipolarplatten mit Optimierungsmethoden

Wasserstofftechnologien gelten als wegbereitend für klimaneutrale Mobilität, als hoffnungstragend für die klimaneutrale Gestaltung der Energiewirtschaft und der chemischen Industrie. Doch dafür gilt es die chemischen Prozesse der Zellen besser zu verstehen. Ein Team unserer Abteilung »Transportvorgänge« um Dr. Christian Leithäuser unterstützt bei der Auslegung und Optimierung der Zellen mit neuartigen Simulationsmethoden. Im Rahmen des Projektes »H2-D – Eine Wasserstoffwirtschaft für Deutschland« fokussieren sie sich auf die Formauslegung von Bipolarplatten.

Die Brennstoffzelle scheint der ideale Fahrzeugantrieb: leise, sauber und unabhängig von Öl. Der dafür benötigte Wasserstoff kann über die Elektrolyse aus grünem Strom gewonnen werden. Eine Elektrolysezelle ähnelt einer Brennstoffzelle, nur das der gesamte Prozess umgekehrt abläuft: Unter Einsatz von elektrischer Energie wird Wasserstoff durch die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gewonnen. Eine Zelle besteht unter anderem aus zwei metallischen Platten (Bipolarplatte) und einer Membran. Ganz entscheidend für die Leistung der Zelle ist die Strömungsdynamik der Bipolarplatte. Diese will das Team so gestalten, dass der entstehende Sauerstoff ausreichend schnell abgeleitet wird, um die Zelle effizienter zu machen. Dazu simulieren sie ein Multiphysics-Problem und nutzen Formoptimierungsmethoden.

Doktorarbeit mündet in Simulationstool CASHOCS zur Auslegung

Diese Thematik der »Auslegung von Bipolarplatten für die Wasserstoff-Elektrolyse« hat Sebastian Blauth in seiner Doktorarbeit genauer untersucht. Auf Basis seiner Arbeit ist ein Open-Source-Softwarepaket mit dem Namen CASHOCS entstanden. Das steht für »Computational, Adjoint-Based Shape Optimization and Optimal Control Software«. Inzwischen ist CASHOCS ein generisches Werkzeug, das die Experten jetzt auch für die Auslegung von chemischen Reaktorkomponenten einsetzen. Ähnliche Fragestellungen ergeben sich bei der strömungsdynamischen Stackauslegung. Auch hier ist es wichtig, dass alle Zellen möglichst gleichmäßig und ohne größere Druckverluste angeströmt werden.

Beispiel PEM-Elektrolyse: Frei von Todzonen optimieren

Bei der Proton Exchange Membrane (PEM) Elektrolyse wird über die Bipolarplatte auf der Anodenseite Wasser zugeführt. Dieses wird ebenfalls durch die Zuführung von Energie in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Der Wasserstoff wandert durch die Membran und wird auf der Kathodenseite aufgefangen. Der entstehende Sauerstoff muss über die Bipolarplatte auf der Anodenseite abgeführt werden, damit die Zelleffizienz nicht sinkt.

Optimiertes Stack-Design
© Fraunhofer ITWM
Optimiertes Stack-Design: Zwei Bipolarplatten vor und nach der Formoptimierung. Blaue Bereiche sind Todzonen mit unzureichender Durchströmung (Referenz links, Optimierung rechts).

Die Bipolarplatte sollte also immer gleichmäßig durchströmt sein – ohne sogenannte Todzonen, aus denen der Sauerstoff nicht schnell genug entweicht. Die Grafik rechts illustriert die Auslegung mit dem Tool CASHOCS. Oben ist das Referenzdesign dargestellt mit der Zuführung in der linken oberen Ecke und dem Abfluss in der rechten unteren Ecke. Die Strömungsgeschwindigkeit ist über die Farbigkeit abgebildet. In der linken unteren und der rechten oberen Ecke der Referenz-Bipolarplatte befinden sich Todzonen mit schlechter Durchströmung. Die untere Grafik zeigt eine bereits optimierte Bipolarplatte. Der Algorithmus des Tools manipuliert die Referenzgeometrie so lange auf geschickte Weise, bis eine gleichmäßige Durchströmung bestmöglich erreicht ist. Die optimierte Bipolarplatte ist dann frei von Todzonen.

Insbesondere eröffnet ein solcher Ansatz mit digitalem Zwilling einen detaillierten Einblick in die komplexen Vorgänge innerhalb der Mikrostrukturen, der rein experimentell gar nicht möglich wäre. In die Zukunft geschaut: Eine Umsetzung des neuen Designs ist mittlerweile mit additiven Fertigungsverfahren problemlos möglich. Die Entwicklungsergebnisse werden so in die nächste Generation von Elektrolysezellen einfließen.