Modellierung mechanischer Eigenschaften von Abstandsgewirken

DFG-Projekt Struktur- und Eigenschaftsmodellierung textiler 3D-Abstandsgewirke und experimentelle Evaluierung

In diesem DFG-Projekt untersuchen wir die Struktur und die Eigenschaften von dreidimensionalen Abstandsgewirken. Dabei handelt es sich um doppelflächige Textilien, in Form von Platten oder Schalen, die aus zwei gestrickten ebenen Schichten bestehen und durch vertikale Abstandsfäden verbunden sind. Sie finden zum Beispiel in Matratzen und Sitzen Verwendung.

Die Eigenschaften der Abstandsgewirke sind durch den Herstellungsprozess und die Art der Fadenmaterialien variierbar. Die anforderungsgerechte Auslegung ist bislang nur mit Hilfe einer äußerst zeit- und kostenaufwändigen Experimentaltechnik möglich. Verarbeitungs- und nutzungsbedingte Deformationen der Abstandsstruktur werden bei der Auslegung bislang nicht berücksichtigt. Dies hat Auswirkungen auf die Passformgenauigkeit und die Durchströmungswirkung der Struktur und der daraus enstandenen Bauteilkomponenten.

 

DFG-Projekt: Struktur-Eigenschaftsmodellierung von 3D-Abstandsgewirken

Im DFG-Projekt »Struktur- und Eigenschaftsmodellierung textiler 3D-Abstandsgewirke«, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, arbeiten wir deshalb mit der Technischen Universität Dresden an folgenden konkreten Problemen:

  • Anforderungsgerechte Auslegung und Simulation von Abstandsgewirken mit Hilfe mathematischer Modelle und Algorithmen
  • Mechanische und mathematische Mehrskalenmodellierung, -simulation und Strukturoptimierung unter Berücksichtigung des Kontaktes einzelner Fasern
  • Prüfmethoden und -anordnungen für 3D-Abstandsgewirke zur Bereitstellung orts- und richtungsaufgelösten Kennwerte
Kompressionsberechnung eines Abstandsgewirkes
© Fraunhofer ITWM
Kompressionsberechnung eines Abstandsgewirkes
Die Forschungsidee besteht darin, die Abstandsgewirkestruktur im Voraus mittels mathematischer Modelle und Algorithmen bezüglich ausgewählter Anwendungsbedingungen zu simulieren und anforderungsgerecht auszulegen. Dieses Vorhaben gliedert sich in zwei Phasen.

 

Phase I – Mehrskalenmodellierung der Abstandsgewirke

Zu Beginn steht die mechanische und mathematische Mehrskalenmodellierung und -simulation sowie die Strukturoptimierung von Abstandsgewirken unter besonderer Berücksichtigung des Kontakts zwischen den einzelnen Fasern im Fokus. Für die Bereitstellung der notwendigen skalen- und richtungsaufgelösten Struktur- und Eigenschaftskennwerte sind spezielle Untersuchungsmethoden und Messanordnungen zu entwickeln, da die klassische Textilprüftechnik im Allgemeinen nicht für 3D-Strukturenausgelegt ist.

Phase II – Entwicklung eines Software-Tools zur virtuellen Produktentwicklung

Später sollen neben der flächigen 3D-Struktur auch konfektionstechnische Aspekte wie Nähte, Fügestellen sowie Randabschlüsse der Gewirkeseiten und des Abstandsraumes im Simulationsmodell berücksichtigt werden. Ziel ist es einen erweiterten Funktionsumfanges für das Konfektionsteil zu gestalten. Ergebnis ist ein Software-Tool zur virtuellen Produktentwicklung von funktionsangepassten 3D-Flächenstrukturen und konfektionstechnischer Verarbeitungstechnologie. Es dient darüberhinaus dem besseren Verständnis für die Mechanismen des Feuchte- und Wärmetransports in biegeweichen Abstandsstrukturen.

Lokale axiale Spannungen
© ITWM
Lokale axiale Spannungen in einem Abstandgewebe bei der Biegung.

Umsetzung der Ziele mit TexMath

Einer der Vorteile von Abstandsgewirken ist die gute Druckentlastung. Das heißt, ist das Material einer äußeren Druckbelastung ausgesetzt, weist es eine hohe Biegsamkeit, Flexibilität und Festigkeit auf. Im Prozess der Simulation bilden wir zunächst die komplexe Struktur der Abstandsgewirke nach, dabei werden alle Bindungen jedes gestrickten Fadens aufgelöst. Daraufhin werden die Zug-, Schub-, Kompression- und Biegeeigenschaften mit TexMath simuliert – einer von uns entwickelten Software zur Modellierung und Analyse von textilen Materialien. Die Eigenschaften ergeben sich aus dem Strickmuster und den bekannten Kraft-Dehnungs-Kurven, Querschnitts- und Reibungseigenschaften von Garnen. TexMath ermöglicht die Analyse von räumlichen Variationen des Textildurchlässigkeitstensors, die durch ungleichmäßige Kompression der Struktur entstehen.