Betanken von Kraftfahrzeugen

Über einen Zeitraum von drei Jahren wurde im Rahmen eines BMBF-Projekts- in Kooperation mit der Volkswagen AG an der Entwicklung eines auf der Finite Pointset Method (FPM) aufsetzenden Simulationstools für Betankungsvorgänge von Kraftfahrzeugen gearbeitet. Mit diesem Tool soll die technische Auslegung von Kraftstoffanlagen unter Einhaltung aller Normvorgaben (Befüllungszeit etc.) auf Basis von Simulationen ermöglicht werden. Dabei ist ein wesentliches Ziel, Fahrzeugtanks möglichst umweltgerecht zu befüllen.

Der Betankungsvorgang ist ein sehr komplexer und vielgestaltiger physikalischer Prozess. Eine erste Problemstellung ergibt sich aus der enormen geometrischen Komplexität des Kraftfahrzeugtanks, die aus der immer kompakteren Automobilbauweise herrührt.

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Befüllungsversuch am Glaszylinder mit Benzin

Herausforderung Simulation Schaum

In den letzten Jahrzehnten wurde so aus einem simplen Kanister eine Hightech-Einheit. Eine weitere Problemstellung ist das physikalische bzw. dynamische Verhalten von Kraftstoff. Diesel im besonderen, aber auch Benzin tendieren zur Schaumbildung. Der Schaum wiederum hat wesentlichen Einfluss auf die Befüllbarkeit der Kraftstoffanlage.

Für die numerischen Simulationen soll der Schaum als homogene Phase betrachtet werden. Da Schaum jedoch ein kompliziertes Gebilde aus Blasen, Lamellen, Stegen und Knotenpunkten ist, muss er, um ihn als Phase betrachten zu können, mathematisch modelliert werden.

 

Dabei stehen folgende Aspekte im Mittelpunkt:

  • das Spannungs-Dehnungs-Verhalten von Schaum (Materialgesetz) in Abhängigkeit von Blasengröße und Flüssigkeitsgehalt - die Schaumentstehung an turbulenten Oberflächen einer Flüssigkeit und durch schwerkraftgetriebenes Aufsteigen von Gasen, die in der Flüssigkeit enthalten oder gelöst sind
  • die Drainage, d.h. der Flüssigkeitstransport durch das System von Schaumlamellen
  • der Schaumzerfall, also die Frage, wie lange eine Schaumlamelle besteht, bevor sie birst

Für den ersten Punkt ist eine eher makroskopische Betrachtungsweise vonnöten, die versucht, das System von Schaumblasen und Lamellen zu homogenisieren, um zu einer Darstellung viskoser, elastischer bzw. plastischer Anteile im Spannungsverhalten des Schaums zu gelangen. Die weiteren Punkte erfordern eine mikroskopische Betrachtung, bei der die Strömungsvorgänge innerhalb einer Schaumlamelle, eines Stegs oder eines Knotens untersucht werden.

Insgesamt stellt das Betanken ein Mehrphasenproblem aus Luft, Schaum und Kraftstoff dar. Besondere Aufmerksamkeit galt daher im Projekt der Formulierung und Implementierung von konsistenten Bedingungen an den Phasengrenzen.

Mikroanalyse Schaumknoten
© Fraunhofer ITWM
Mikroanalyse: Der Schaumknoten als komplexes Strömungsgebiet.
Erzeugung eines realen, stabilen Schaumes
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Erzeugung eines realen, stabilen Schaumes aus einer Voronoi-Tesselation (instabiler Schaum).

Projektart: BMBF-Verbundvorhaben
Projektpartner: Volkswagen AG