Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung mit Optischer Kohärenztomographie (OCT)

Hochauflösende Materialprüfung mit OCT – berührungslos und präzise

Die optische Kohärenztomographie (Englisch Optical Coherence Tomography, OCT) ist eine hochauflösende bildgebende Methode, die sich nicht nur in der medizinischen Diagnostik, sondern auch in der zerstörungsfreien Prüfung (ZfP) als äußerst nützlich erwiesen hat.

Sie macht innere Strukturen von Materialien und komplexen Bauteilen sichtbar – berührungslos und ohne sie zu beschädigen. Weil keine Proben entnommen werden müssen, bleibt das Objekt vollständig intakt. Das ist vor allem dann entscheidend, wenn es um teure oder schwer ersetzbare Materialien geht. In der industriellen Anwendung – etwa in der Fertigung, der Automobilbranche, der Luft- und Raumfahrt oder der Materialforschung – gewinnt OCT zunehmend an Bedeutung. Sie hilft, Prüfprozesse effizienter zu gestalten, die Qualität von Produkten und Materialien zu sichern und Kosten zu reduzieren. 

Prinzip der optischen Kohärenztomographie

Das Licht einer breitbandigen Lichtquelle geringer Kohärenzlänge wird bei der OCT-Technik in einen Referenz- und einen Probenarm aufgeteilt (siehe Abbildung). Im Probenarm fokussieren wir das Licht auf das zu untersuchende Objekt. An den Grenzflächen wird es gemäß den Fresnel-Gleichungen reflektiert und anschließend mit dem Licht aus dem Referenzarm überlagert. Diese Überlagerung erfolgt in einem optischen Koppler.

Ein Beugungsgitter lenkt das resultierende kurzkohärente Licht auf einen Zeilendetektor. Dort entsteht durch Fourier-Transformation ein spektrales Interferenzmuster, das wir in Abhängigkeit von der Wellenlänge auswerten. Die dabei entstehenden Interferenzstreifen stehen in direktem Zusammenhang mit der Tiefe der reflektierenden Schichten. Da Interferenz nur innerhalb der Kohärenzlänge auftritt, bestimmt diese auch die erreichbare Tiefenauflösung.

Diese punktuelle Messtechnik kann mittels Galvospiegel zu Linien- und Flächenscans (B-Scan und C-Scan) erweitert werden. Die Einzelpunktmessung wird in diesem Zusammenhang auch als A-Scan bezeichnet.

Schematische Darstellung einen Frequenzbereich-OCT-System
© Fraunhofer ITWM
Schematische Darstellung eines Frequenzbereich-OCT-Systems, wie es in der Optischen Kohärenztomographie (OCT) zur hochauflösenden Bildgebung eingesetzt wird.

Auflösung und Messleistung

Typische OCT-Systeme arbeiten mit einer zentralen Wellenlänge von etwa 840 nm und einer Bandbreite von 80 nm. Daraus ergibt sich eine Kohärenzlänge von rund 9 μm – die theoretische Tiefenauflösung liegt somit bei etwa 4,5 μm. In der Praxis erreichen wir bei realen Proben und optischen Komponenten eine zuverlässige Auflösung ab etwa 10 μm.

Dank hoher Messgeschwindigkeiten – bis zu 150.000 Einzelmessungen (A-Scans) pro Sekunde und 150 B-Scans pro Sekunde – sowie Linienbreiten im Millimeterbereich eignet sich die OCT hervorragend für den Einsatz in automatisierten, inlinefähigen Prüfsystemen.

Anwendungen der OCT in der zerstörungsfreien Prüfung

Die optische Kohärenztomographie bietet entscheidende Vorteile für die zerstörungsfreie Prüfung. Ihre hohe Auflösung im Mikrometerbereich ermöglicht es, feinste Details und Oberflächenstrukturen sichtbar zu machen – selbst dort, wo andere Verfahren an ihre Grenzen stoßen.

Besonders bei mehrlagigen Materialien wie Kunststofffolien oder lackierten Bauteilen spielt die OCT ihre Stärken aus. Sie erkennt einzelne Schichten und deckt potenzielle Delaminierungen oder andere Defekte auf, ohne das Material zu beschädigen. Auch bei rauen Oberflächen oder stark streuenden Proben liefert die OCT zuverlässige Ergebnisse, in Situationen, in denen viele konventionelle Prüfmethoden versagen.

Die folgenden drei Abbildungen zeigen beispielhaft, wie vielseitig und leistungsfähig die OCT in der Praxis ist.

Die Abbildung zeigt eine lackierte Holzprobe. Die homogene Klarlackoberfläche ist ebenso sichtbar wie die darunterliegende, strukturierte Holzmaserung.
© Fraunhofer ITWM
Die Abbildung zeigt eine lackierte Holzprobe. Die homogene Klarlackoberfläche ist ebenso sichtbar wie die darunterliegende, strukturierte Holzmaserung.
Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung mit Optischer Kohärenztomographie (OCT): Rohr
Die Abbildung stellt eine mehrlagige Rohrwand dar. Die äußeren Schichten unterscheiden sich deutlich: Während die erste Schicht eine glatte, klare Struktur zeigt, streut die zweite Schicht durch die Zugabe von Additiven stark – ein Effekt, den die OCT präzise abbildet.
Zerstörungsfreie Werkstoffprüfung mit Optischer Kohärenztomographie (OCT): Klebestreifenrolle mit vielen Einzelschichten
© Fraunhofer ITWM
Die Abbildung zeigt eine Klebestreifenrolle mit vielen Einzelschichten. Die OCT macht deutlich: Folie und Klebefilm lassen sich klar voneinander unterscheiden – als Abfolge dickerer und dünnerer Schichten.

Einschränkungen der OCT

Trotz ihrer Stärken hat die OCT auch Grenzen. Eine zentrale Herausforderung liegt in der begrenzten Eindringtiefe. Zwar liefert die Methode hochaufgelöste Bilder von Oberflächen und oberflächennahen Schichten – tiefere Strukturen in dichten oder stark streuenden Materialien lassen sich jedoch nur eingeschränkt darstellen.

In solchen Fällen kann der Einsatz langwelligerer Lichtquellen helfen, die Eindringtiefe zu erhöhen. Allerdings geht dies meist zulasten der Auflösung, sodass immer ein sinnvoller Kompromiss zwischen Tiefe und Detailgenauigkeit gefunden werden muss.

Projektbeispiele

Vermessung der Lackdicke von Wickeldraht

Mit der optischen Kohärenztomographie (OCT) können die Dicke und Qualität dünner Lackschichten auf Kupferdrähten präzise und zerstörungsfrei gemessen werden.

Schichtdickenmessung

Mit optischen Messtechniken wie OCT und Terahertz können mehrlagige Beschichtungen auf Metall und Kunststoff präzise und zerstörungsfrei hinsichtlich ihrer Schichtdicken kontrolliert werden, um Qualität und Ressourcenschonung zu gewährleisten.