Kalibrierungsmethoden in Finanzmarktanwendungen

Nach der Wahl des passenden finanzmathematischen Modells ist die Kalibrierung desselben eine kritische Herausforderung in Finanzmarktanwendungen wie bspw. der Zinsmodellierung.
Als Kalibrierung versteht man dabei den Prozess zur Ermittlung geeigneter Modellparameter, um die reale Welt möglichst genau abbilden zu können. Dafür werden unter anderem historische Marktdaten, Expertenmeinungen und Prognosen verwendet.  

 

Modelle sollen vielseitig anwendbar sein 

Oftmals werden die Modellparameter nur hinsichtlich eines Kriteriums kalibriert; beispielsweise wird der Abstand zwischen ausgewählten Markt- und Modellpreisen minimiert. In der Praxis werden Finanzmarktmodelle jedoch in sehr verschiedenen Anwendungsbereichen benötigt und verwendet. Um eine Vereinheitlichung hinsichtlich der Modellwahl zu erreichen und somit die Vergleichbarkeit verschiedener Kontexte in der Anwendung zu gewährleisten, steigen die Anforderungen an das gewählte Modell, die bei der Kalibrierung Berücksichtigung finden müssen.

Standardverfahren der Kalibrierung wird untersucht und erweitert  

Ausgehend von einem in der Praxis etablierten finanzmathematischen Kapitalmarktmodell zur Simulation von Zins- und Aktienpreisentwicklung (siehe »Klassifizierung privater Altersvorsorgeprodukte«), untersuchen wir das Standardverfahren der Kalibrierung dieser Finanzmarktmodelle, welches in der Literatur beschrieben ist, und erweitern es passend.

Dies umfasst unter anderem folgende Aspekte:

  • die Herleitung modellunabhängiger Kriterien an eine Kalibrierung zur Messung der Kalibrierungsgüte,
  • die Untersuchung der verwendeten Finanzmarktdaten (bspw. Zinsderivate bei der Kalibrierung eines Zinsmodells) hinsichtlich der verschiedenen Kriterien an die Kalibrierung,
  • die Untersuchung des in der Kalibrierung auftretenden Optimierungsproblems,
  • die systematische Zerlegung des Gesamtfehlers in Modellfehler und Kalibrierungs- bzw. Schätzfehler,
  • den Vergleich unterschiedlicher Schätzmethoden.

Data-Science-Methoden unterstützen Kalibrierung  

Aufgrund der potenziell großen Menge realer Finanzmarktdaten, die für eine Kalibrierung verwendet werden kann, soll methodisch auf eine Einbindung von Data-Science-Methoden in den Kalibrierungsprozess eingegangen werden. Zudem soll für das oben genannte Optimierungsproblem betrachtet werden, inwiefern dessen Erweiterung zu einem multikriteriellen Optimierungsproblem die Güte der Kalibrierung verbessern.

 

Ergebnisse relevant für langfristige Projekte

Die Promotion liegt thematisch nahe an den langfristigen Projekten der Abteilung, die in den Abteilungsschwerpunkt »Altersvorsorge und Lebensversicherung« fallen, wie beispielsweise die Kooperation mit der Produktinformationsstelle Altersvorsorge gGmbH (PIA), sodass
die Ergebnisse der Promotion in diese Projekte eingebunden werden können.