Risse in Beton finden und charakterisieren

DAnoBi (Detektion von Anomalien in Bilddaten)

Der Universalbaustoff Beton ist fest und widerstandsfähig, aber spröde. Dünne Risse in Beton sind nahezu unvermeidbar, aber normalerweise auch nicht schädlich. Für die Inspektion, Diagnose und Instandhaltung von Betonoberflächen müssen Risse dennoch verlässlich gefunden und bewertet werden. Häufig beurteilen Expertinnen und Experten Rissbilder rein visuell.

Beton und Rissstrukturen variieren je nach Anwendungsfeld sehr stark. Betonoberflächen können sehr unregelmäßig sein. Es ist deshalb schwierig, dünne Rissstrukturen verlässlich automatisch zu segmentieren.

Wir haben zwei sehr flexible und robuste Lösungen für diese Aufgabe entwickelt – eine mithilfe klassischer Bildverarbeitung und ein maschinelles Lernverfahren (Machine Learning ML). Sie finden auch auf heterogenem Hintergrund Haarrisse, die nur einen Pixel dick sind.

Im Fokus 3D-Bilder und Computertomographie

Risse im Inneren können zerstörungsfrei mittels Computertomografie abgebildet werden. Sie sind dünn und ihre niedrigen Grauwerte unterscheiden sich in den 3D-Bildern oft kaum von der heterogenen Mikrostruktur des Betons. Risse zuverlässig zu finden, ihren Verlauf vollständig zu erfassen und sie zu analysieren, ist daher in 3D besonders herausfordernd.

Im Projekt DAnoBi (Detektion von Anomalien in Bilddaten) haben wir gemeinsam mit Partnern Verfahren entwickelt, um auch in Bildern der Größe 400GB Risse verlässlich zu finden und zu segmentieren.

Die Zukunft: Weltweit einzigartige CT-Anlage für das Bauwesen

Eine große Herausforderung: Mikro-CT-Technologie wie bei uns am Fraunhofer ITWM durchleuchtet Betonproben mit nur wenigen Zentimetern Kantenlänge und Durchmesser. Mechanische Belastungsversuche an mehrere Meter langen Betonproben lassen sich nicht durchführen. Dies ist künftig an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), im Fachbereich »Bauingenieurwesen« möglich. Dort entsteht derzeit eine weltweit einzigartige CT-Anlage, die in 2024 an den Start geht. Die Anlage arbeitet mit wesentlich stärkeren Röntgenstrahlen – neun Megaelektronenvolt – als medizinische Röntgengeräte, sodass bewehrte Betonbauteile bis zu einem Durchmesser von 30 Zentimetern und einer Länge von sechs Metern durchleuchtet werden können. 

Computertomographieportal Gulliver.
© Fraunhofer ITWM
Computertomographieportal Gulliver.
Betonprobe mit Riss.
© Fraunhofer ITWM
Betonprobe mit Riss.

Eines der ersten und wichtigsten Anwendungsszenarien in Gulliver, so der Name des Großgeräts, ist die 3D-Abbildung der Rissentwicklung in großen Betonbalken während eines Vier-Punkt-Biegeversuchs. Die Technik wird den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern dabei helfen, den komplexen Verbundwerkstoff Beton besser zu verstehen. Je Experiment erzeugt Gulliver dabei zwischen 120 Gigabyte und zwei Terabyte an Bilddaten. 

Mehr zu Gulliver, der CT-Anlage (Großgeräteinitiative) der RPTU Kaiserslautern-Landau 
 

Unsere Expertise und unser Aufgabenbereich im Projekt

Wir am Fraunhofer ITWM optimieren das Speichermanagement und den Bildzugriff unserer umfangreichen 3D-Bildverarbeitungs- und -analysesoftware, um mit den anfallenden riesigen Datenmengen effizient umgehen zu können. Die komplexen Algorithmen müssen kurze Antwortzeiten bei der Bildverarbeitung ermöglichen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, gilt es doch, in kurzer Zeit feinste Strukturen in der riesigen Datenmenge zu finden. Für die anschließende Analyse bietet die ITWM-Software diverse Methoden, etwa für lokale Zusammenhangs-, Dicken- und Orientierungsanalyse.

Quantencomputing hat das Potenzial, die Analyse riesiger Bilddaten deutlich zu vereinfachen.

Mehr zum Quantencomputing am Fraunhofer ITWM