Lokale Versorgung durch dezentrale Cracking-Technologie
»Diese Versorgungslücke kann unsere dezentrale Cracking-Technologie für Bedarfsmengen zwischen 100 Kilogramm und 10 Tonnen Wasserstoff pro Tag effizient und emissionslos schließen«, erklärt Kolb. »Im von Rheinland-Pfalz geförderten Projekt AMMONPAKTOR haben wir zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM bereits einen kompakten Ammoniak-Cracker entwickelt, der durch unsere innovative Plattenwärmeübertrager-Technologie und eine integrierte Abgasverbrennung der zur Reinigung eingesetzten Druckwechseladsorption beim Rückverwandlungsprozess einen Wirkungsgrad von 90 Prozent erreicht – im Vergleich zu 70 Prozent bei herkömmlichen Technologien.«
Die benötigte Energie zum Beheizen des Reaktors wird direkt im Spaltreaktor mit Hilfe der Abgasströme erzeugt, für das Cracken wird also kein zusätzlicher Treibstoff oder Elektrizität benötigt. Zudem ist der AMMONPAKTOR-Reaktor um etwa 90 Prozent kleiner als konventionelle Reaktoren. Das ist vor allem entscheidend für mobile und platzbeschränkte Anwendungen. Durch die Abgas-Nutzung hat die Technologie auch einen geringeren Kohlendioxid-Fußabdruck als elektrisch beheizte Reaktorkonzepte. »Neben der systeminternen Abgasnutzung bildet der direkt mit einem Katalysator beschichtete innovative Plattenwärmeübertrager des Fraunhofer IMM den entscheidenden Unterschied«, erläutert der Wissenschaftler.
»Statt wie üblich in einem energiereich von außen mit etwa 900 Grad Celsius zu beheizenden Rohrsystem wird die für die Spaltung benötigte Wärme bei unserer Technologie direkt dort erzeugt, wo sie gebraucht wird. Unsere Anlage hat dadurch einen deutlich besseren Wärmeübergang. Das bedeutet eine enorme Energieersparnis.« Ein fertiger Prototyp am Fraunhofer IMM-Standort in Mainz ermöglicht bereits eine Wasserstoff-Produktion von etwa 75 Kilo Wasserstoff pro Tag, das entspricht in etwa der Tagesleistung einer 50 kW-Brennstoffzelle. »Mit dieser Menge könnte man zum Beispiel schon eine kleine Wasserstoff-Tankstelle versorgen«, so Kolb.
Das nächste Entwicklungsziel ist nun die Skalierung auf eine Tagesproduktion von bis zu 10 Tonnen, unter anderem im Rahmen des fünfjährigen maritimen EU-Projekts GAMMA sowie des Fraunhofer-Leitprojekts AmmonVektor, das die gesamte Wertschöpfungskette von grünem Ammoniak mit dem Ziel behandelt, Wasserstoff dezentral und möglichst günstig verfügbar zu machen. Das dreijährige Projekt unter der Leitung des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT läuft seit Anfang 2024.